Aufgewacht – Angedacht |Wenn Zeitgeist auf Satire trifft

Es sind die aktuellen Themen unserer Zeit, die im Zwiegespräch von Auguste-Elisabeth und Hugo in 16 Kurzgeschichten amüsant und unterhaltsam erörtert werden. Nach dem Aufwachen beginnen die beiden mit der morgendlichen Zeitungslektüre, die sie inspiriert und ihre Gedanken anregt. Gemeinsam gehen sie dem Zeitgeist und vermeintlichen Missständen auf den Grund und denken zu Ende, was unsere Politiker in vielleicht guter Absicht, aber ohne Sachverstand begonnen haben. In den Gesprächen und Diskussionen ergeben sich dabei ganz ungewöhnliche – aber nicht undenkbare Lösungswege. Ein ungleiches Pärchen, dass sich deshalb bestens ergänzt und den Leser zum Lachen aber auch ein bisschen zum Nachdenken anregt. Intelligent, ironisch und erfrischend – ein Beziehungsbuch, das sich mit dem Zeitgeist und den sich daraus ergebenden wichtigen Problemen befasst: Ein Buch in dem Männer zuhören und Frauen mit Sicherheit einparken können.

Dies ist die überarbeitete und erweiterte E-Book Version des Buches „Bettgespräche“ von Harald H. Risius

Liebe Leser,

bevor Auguste-Elisabeth und Hugo, die Sie gleich noch näher kennenlernen werden, hier zu Wort kommen, muss ich mich noch mit einem wichtigen Phänomen befassen: „Die Sprache als Indikator des Zeitgeistes.“ Darf denn heute jeder Reden und Schreiben wie er will? Und bin ich gezwungen das zu verstehen?

Etliche Rechtschreibreformen haben uns eine großzügige und nie geahnte Freiheit des Schreibens beschert. Groß- und Kleinschreibung, Doppel-s oder ß, Kommaregel – alles darf – nichts muss, so scheint es jedenfalls auf den ersten Blick, nach Gefühl und Wellenschlag auf dem Papier oder Bildschirm verteilt werden. Mal davon abgesehen, dass unsere Finanzpolitiker bei der Aufnahme von Schulden ohnehin schon immer die Tendenz hatten, Kommas möglichst weit nach rechts zu schieben, um so die Zahl der linken Nullen immer größer werden zu lassen.

Für mich als Autor könnte dadurch das Leben sehr einfach werden. Muss ich mich doch bei kniffligen Rechtschreibproblemen nicht durch den Duden wälzen, sondern kann mir einfach sagen: „Es wird schon eine Regel geben, die genau diese Schreibweise erlaubt.“ Schlimmstenfalls kann ich mich immer noch auf die sogenannte Süddeutsche Variante berufen, wenn ich zum Beispiel aus Versehen „der Radio“ oder „der Foto“ schreibe. Das glauben Sie nicht? Stimmt aber, so steht es im Duden. Darf ich mir also wirklich die Regel aussuchen, die aktuell gerade zu meinem Schreibstil und der Handlung passt? Leider nein!

Für den gewissenhaften Autoren, der es natürlich allen Lesern recht machen möchte, wird das Leben dadurch nämlich viel schwerer. Was ist, wenn ein Leser genau diese Regel, die ich schlauerweise angewendet habe, nicht kennt oder auf Anhieb nicht findet? „So ein doofer Autor“, denkt er sich. Und oft denkt er das nicht nur, sondern schreibt es auch als fiese Rezension in den Online Buch Shop seines Vertrauens. Und dort steht es dann festzementiert bis in alle Ewigkeit. Wahrscheinlich ist auch Petrus online und wird mich mit diesen Vergehen konfrontieren, wenn ich einmal vor seinem Himmelstor erscheine.

Damit ist es amtlich, ich bin ein doofer Autor, der nicht einmal die Rechtschreibregeln kennt. Pech für mich, für den Verlag und für den Händler, keiner will das Buch mehr kaufen. Anderseits wird das Schreiben natürlich effizienter, wenn ich mir nicht mehr so viele Gedanken über die Grammatik und Orthographie machen muss. Ich schreibe schneller, ich schreibe flüchtiger und verlasse mich darauf, dass mein Rechtschreibprogramm all’ die bekannten und unbekannten Regeln kennt, die es noch gibt.

Leider stimmt das nicht! Es scheint sogar recht dumm zu sein und kennt meine, oft mühevoll erdachten, feinsinnigen Wörter nicht, die genau zu der Situation passen, die ich gerade beschreiben will. Es kennt dieses bestimmte Wort nicht – aber er kennt ein ähnliches. Und Schwupps, steht genau das Wort dort, das ich eigentlich gar nicht schreiben wollte. Hoffentlich merke ich es noch rechtzeitig. Als Krimischreiber habe ich es zum Beispiel oft mit DNA-Analysen zu tun, mein Computer aber scheint keine DNA zu haben und ersetzt dieses Wort regelmäßig durch DANN – und zwar in großen Buchstaben. Was soll das denn sein, eine DANN-Analyse? Schlimm wäre es beinahe auch geworden, als ich meinen Helden idyllische Landferien genießen lassen wollte – es wurden idyllische Landfrauen daraus. Damit wäre das Buch fast jugendgefährdend geworden. Aus einem Stadl wurde auch schon mal schnell ein Stahl, was natürlich nicht in die Beschreibung einer Landschaft am Chiemsee passt. Na ja, was der Computer nicht kennt, das mag er eben nicht.

Jetzt sollte man sich eigentlich sagen: „Hey, bleib locker, schreib’ wie dir der Schnabel gewachsen ist. Die Leute werden es schon verstehen.“ Das stimmt, meistens verstehen es die Leute auch, wenn man etwas guten Willen voraussetzt. Nur als Autor darf man das natürlich nicht, Sie wissen schon, da gibt es ja die Rezensenten und – um politisch korrekt zu bleiben – die Rezensentinnen. So aber bekommen wir allmählich eine Flüchtigkeit des Schreibens, die sich gerade im Alltag immer mehr ausbreitet. Achten sie mal auf die Werbetafeln vor Restaurants oder den Läden in der Einkaufsstraße. Da wird aus dem netten Gemüsehändler am Stresemannplatz ganz schnell der Gemüse-Stressemann. Und damit tut man ihm wirklich Unrecht.

Bei meinem Lieblingswirt am See wurde gestern ein Schitzel als Tagesgericht angeboten. Sogar in XXL. In anderen bayrischen Biergärten gibt es dann auch schon mal einen Obzda, serviert wird aber tatsächlich ein Obatzter, dieses beliebte Gericht aus altem Käse. Und es wird auch gerne mal ein frischer Salat mit gegrillten Garnellen angeboten.

Lustig war es auch, als unser Japaner mit dem Angebot „Lust auf Suhsi?“ warb. Hatte ich, aber es wurde dann doch nur Sushi serviert. Gedankenlos, oder? Es wäre doch sicherlich noch Zeit gewesen, auch das n oder ein paar zusätzliche a’s und t’s zu schreiben, bevor die ersten Gäste eintreffen. Interessant ist, dass diese Fehler vom Leser kaum bemerkt werden. Wir haben eine bestimmte Vorstellung im Kopf und lesen das, was wir lesen wollen. Es handelt sich sozusagen um Gedanken-Schitzel.

Oder verlangt die neue Effizienz, überflüssige Buchstaben einfach wegzulassen? Alle Selbstlaute zum Beispiel? Wird aus dem beliebten Schnitzel bald ganz offiziell ein neudeutsches SchNTZL. Hat der Verfasser der Werbetafel etwa zu viele SMS (ich habe mich hier durch geschickten Satzaufbau bewusst vor dem Artikel gedrückt, denn die österreichische Variante lautet „das SMS“, während wir in Deutschland „die SMS“ sagen) oder Mails bekommen? Haben ihn Sätze wie BRADUHI (brauchst du Hilfe), BSE (bin so einsam, nicht zu verwechseln mit der Gehirnkrankheit der Rinder), ZUMIOZUDI (zu mir oder zu dir) oder BVID (Bin verliebt in Dich) verwirrt? Mal ganz abgesehen von dem bewährten, alten ASAP, das die Älteren unter uns ja noch aus den Fernschreiberzeiten kennen.

Sie sollten sich auch keine Sorgen machen, wenn Ihnen ihr Freund oder Freundin HDSL unter die WhatsApp schreibt. Sie oder er hat keine neue, hochansteckende Krankheit, sondern „hat dich sehr lieb“. Und es sind oft nicht nur ein paar Buchstaben, die fehlen.

Manchmal fragt man sich: ob der Verfasser der Reklametafel überhaupt weiß, was er da schreibt, wenn zum Beispiel vor einem Fischgeschäft an der Ostsee als „Catch of the Day: Frische Ofenkartoffel“ angeboten wird.

Als aufmerksamer Leser habe ich auch herausfinden müssen, dass eine Bayrische Fleischerei „Landfrauwurst“ verkauft, die aber keinesfalls aus frischen Landfrauen zubereitet wurde. Und da gab es auch noch einen Hof, der mit einem „frischen Bauern-Ei“ wirbt. Wobei das jedoch weder biologisch noch politisch ganz korrekt ist, denn hier hätten auch die BäuerInnen erwähnt werden müssen.

Neulich wurde bei uns in einem größeren Kaufhaus auch mit einem Männer Schlußverkauf geworben. Meine Frau war schon ganz aufgeregt und hat einen extra Shopping-Nachmittag eingelegt. Leider kam sie enttäuscht zurück, die guten Männer waren offensichtlich schon alle weg.

Und dann wäre da noch das nette Wort ‚angedacht’ zu erwähnen, das unsere Politiker immer dann verwenden, wenn sie sich nicht festlegen wollen. Auch sonstige Wichtigmacher verwenden dieses Wort gerne, wenn sie sich nicht sicher sind, ob der Chef nicht doch eine andere Meinung hat. „Ich habe da mal was angedacht …!“ Warum denkt ihr das ‚Angedachte’ nicht einfach zu Ende?

Meine lieben Leser, ich glaube, Sie wissen, was ich noch loswerden wollte. Wenn Sie mich jetzt allerdings fragen, warum ich diese Worte nicht Auguste-Elisabeth und Hugo in den Mund gelegt habe, dann lautet die Antwort: Die beiden lesen nur Zeitung und verständigen sich zumeist mit gesprochenen Wörtern. Hugo würde seiner geliebten Auguste-Elisabeth niemals eine SMS mit dem Text ILD senden, er würde ihr „ich liebe dich“ ins Ohr flüstern und die Antwort würde nicht HASE lauten sondern ganz einfach: „Ich habe Sehnsucht!“ Dann würde sie unter Hugos Decke schlüpfen und ein neues Kapitel beginnen lassen.

 

192
Seiten
5389
Zeilen
42723
Wörter
226513
Zeichen

Leseprobe

Auguste-Elisabeth und Hugo sind ein dauerverliebtes Paar. So verliebt, dass ihr gemeinsames Bett bald zum Hauptaufenthaltsort geworden ist. Hier finden sie die richtige Umgebung, um kluge und anregende Gespräche zu führen und alle wichtigen Entscheidungen zu fällen.

Zum Glück müssen sie beide keiner geregelten Beschäftigung nachgehen: Auguste-Elisabeth ist freischaffende Künstlerin und Hugo ist ein Ingenieur und befindet sich seit geraumer Zeit im Vorruhestand. So haben sie beide morgens Muße, sich von anstrengenden nächtlichen Aktivitäten auszuruhen und bei einer Tasse Kaffee und der Morgenzeitung vor sich hin zu dösen und die Gedanken schweifen zu lassen.

Allerdings findet der Inhalt der Zeitung nicht immer ihre Zustimmung. Oft bekommen sie das Gefühl, nur sie beide können die Welt wieder ins Lot bringen. Aber wie? Der Ursprung aller Verbesserung ist die richtige Idee und in vielen langen Gesprächen finden sie Lösungen für fast jedes Problem. Nun ist es nur noch Sache der Politiker, diese Zeilen zu lesen und zur Tat zu schreiten.

Wieso finden die beiden die genialen Ideen, um die unsere Politiker, Wirtschaftsführer und Verwaltungsdirektoren sich vergeblich bemühen, ringen und streiten? Ganz einfach, meinen die beiden: Ein gesundes und ausgiebiges Liebesleben macht den Geist frei! Außerdem sind sie beide mit besonderen Genen ausgestattet: Auguste-Elisabeth hat als ursprüngliche Bayerin immer noch das CSU-Gen in sich und der Ostfriese Hugo hat von der Deichspitze aus sowieso immer den besseren Überblick gehabt.

Hören wir den beiden bei ihren Bettgesprächen zu…

PS: Das erste Kapitel bei Amazon mit Blick ins Buch lesen.

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